
Datenanalyse mit dem Faktor Mensch
Daten lassen sich auf unterschiedliche Arten analysieren. Der intuitivste Weg ist die Erstellung von Diagrammen, um durch die visuelle Analyse Muster und Zusammenhänge zu erkennen. Visual Analytics ist ein integrativer Ansatz, der die Analyse von Daten mit Visualität und menschlicher Interaktion kombiniert.
Im unternehmerischen Kontext fallen Daten in einer weiter zunehmenden Geschwindigkeit und Menge an. Leider ist unsere Fähigkeit, diese Datenmengen zu sammeln und zu speichern weit ausgereifter, als unsere Möglichkeiten, diese Daten zu analysieren.
Was bedeutet Visual Analytics?
Auch wenn die technologischen Voraussetzungen sich weiterentwickelt haben und die Hürden der Analyse kontinuierlich reduzieren: Aufgrund der Komplexität der Datenzusammenhänge und der Aufgabe, diese Daten mit den richtigen Fragen auf Erkenntnisse hin zu untersuchen, ist der Mensch weiterhin ein zentrales Element dieses Analyseprozesses. Vor allem, weil seine Fähigkeiten zur Kreativität, seine Flexibilität bei geänderten Anforderungen und das notwendige Detail- und Transferwissen unverzichtbare Bestandteile der Datenanalyse sind.
Visual Analytics befähigt Verantwortliche in Unternehmen, diese Kompetenzen mit den enormen Speicher- und Prozesskapazitäten zusammenzubringen. So können Einblicke in komplexe Probleme und Entwicklungen gewonnen werden. Analytics Tools wie Tableau und Power BI unterstützen dabei, aus diesen Einblicken zunächst Erkenntnisse abzuleiten und darauf aufbauende strategische Unternehmensentscheidungen zu treffen.
Wann wird Visual Analytics eingesetzt?
Visual Analytics ist immer dann ein hilfreicher Ansatz, wenn eine große Menge an Daten analytisch betrachtet werden soll. Technologie ist dabei natürlich unverzichtbar. Genauso unverzichtbar ist jedoch die kognitive Fähigkeit, Kontexte einerseits in ihrer Gesamtheit erfassen zu können, andererseits aber auch aus verschiedenen Perspektiven unterschiedliche Teilbereiche in Bezug auf dieses Gesamtbild strukturiert und lösungsorientiert angehen zu können.
Visual Analytics versucht, diese Fähigkeiten des menschlichen Intellekts mit den technologischen Möglichkeiten zu kombinieren. Die optimale Balance ermöglicht es einerseits der Software, den Großteil der Berechnungen durchzuführen, während der Mensch andererseits sicherstellt, dass dadurch die richtigen Probleme gelöst werden und das Ergebnis für die Interpretation durch ihn selbst möglich und anschlussfähig ist.
Die Technologie ist hier als ein Verstärker der menschlichen kognitiven Fähigkeiten zu verstehen, sowie als erweiterte Gedächtnisleistung, die Suchabfragen erleichtert und die Möglichkeiten der Mustererkennung auch über große Datenmengen hinaus erweitert.
Der Einsatz von Visual Analytics hilft, Daten in Grafiken und Diagramme zu übertragen und eine vollständigere Geschichte zu erzählen, indem dadurch Muster und Trends aufgedeckt werden, die in diesen Daten verborgen sind. Am Ende befähigt dieses hochaufgelöste Bild der Datenbestände dazu, die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen des Unternehmens zu erleichtern und zu optimieren.
Welche Erkenntnisse kann Visual Analytics fördern?
Im Wesentlichen ist Visual Analytics dazu geeignet, Trends und Muster in den Daten zu erkennen und gleichzeitig große Datenbestände zugänglich und verständlich zu machen. Unabhängig davon, ob die Mitarbeitenden Data Scientists oder Analysten sind oder einen gänzlich anderen beruflichen Hintergrund haben. Visual Analytics hilft beispielsweise bei der Beantwortung der folgenden Fragen:
- Wie sind Kunden und Kundinnen geografisch verteilt?
- Wie sieht das Profil der umsatzstärksten Kunden und Kundinnen aus?
- Erhöhen oder verringern sich Marktanteile?
- Gibt es Korrelationen und Kausalitäten zwischen Merkmal X und Merkmal Y?
Visual Analytics ermöglicht präzise und schnelle Antworten auf diese Fragen – auf einem visuell erfahrbaren und leicht interpretierbaren Weg.
Wie wird Visual Analytics eingesetzt?
Der Visual Analytics Prozess gliedert sich in vier Teilbereiche: Daten, Modellierung Visualisierung und Wissen. Der erste Bereich beinhaltet die Erschließung und Transformation von Daten. Datenquellen können oftmals in unterschiedlichen Formaten und im Unternehmen in unterschiedlichen Strukturen verortet sein. Zunächst müssen diese Datenquellen zusammengeführt und integriert werden, bevor analytische Methoden anwendbar sind. Weitere im Vorfeld der Analyse notwendige Schritte sind die Datenbereinigung (bei unsauberen oder fehlerhaften Datensätzen), Datennormalisierung (um Formatabweichungen und Strukturierungen anzugleichen) sowie die Konsolidierung von gleichen oder ähnlichen Datenbeständen.
Der nächste Schritt beinhaltet die Verknüpfung von Daten, die Erstellung eines validen Datenmodells sowie die Evaluierung und Optimierung des Modells. Die anschließenden Visualisierungen erlauben es dann, mit der automatischen Analyse zu interagieren und durch die Modifizierung von Parametern und unterschiedlichen Algorithmen spielerisch zu erkunden.
Der Wechsel von visueller Analyse und Verfeinerung der Visualisierungen im jeweiligen Tool ist für den Prozess von Visual Analytics charakteristisch und führt zu einer kontinuierlichen Verbesserung und Überprüfung der bisherigen Erkenntnisse. Hier zeigt sich der zuvor schon erwähnte zentrale Kombination von menschlichen Fähigkeiten und technologischen Kapazitäten, die Visual Analytics so effektiv werden lässt. Auffälligkeiten und Abweichungen lassen sich leicht erkennen und mit einer erneuten Analyse überprüfen.
Letztlich ist es die Interaktion des Anwendenden mit den Visualisierungen der Daten, die für die Offenlegung von Erkenntnissen und Zusammenhängen notwendig ist. Beispielsweise, wenn Auffälligkeiten erkannt werden und die zugrunde liegenden Daten aus dieser Perspektive näher betrachtet werden. Mit anderen Datenbeständen zur weiteren Analyse kombiniert lassen sich so verschiedene Perspektiven einnehmen, die die Erkenntnisse verifizierbar oder falsifizierbar werden lassen.
Praktisches Anwendungsbeispiel von Visual Analytics
Im Jahr 1812 zogen Napoleons Truppen in Richtung Moskau, um die Stadt einzunehmen. Der Feldzug wurde zum Desaster: Bestand das Heer anfangs aus ca. 470.000 Soldaten, kehrten lediglich 10.000 von Ihnen mit Napoleon zurück. Die unten abgebildete Kartierung verdeutlicht die Entwicklung des Feldzugs und ist eine der berühmtesten Visualisierungen aller Zeiten.
Die Karte bildet den Hin- und Rückweg Napoleons Truppen ab. Die Breite der Linien repräsentieren die Größe des Heers. Die Farben markieren die Bewegungsrichtung (braun für den Hinweg, schwarz für den Rückkehr). Unterhalb der zentralen Darstellung visualisiert ein einfaches Liniendiagramm den rapiden Temperaturabfall im Winter. Die Karte ist effektiv, gleichzeitig sehr detailliert und verdeutlicht eindrücklich den verheerenden Verlauf des Feldzugs.
Aufgrund der Popularität dieser Kartierung, gibt es zahlreiche Kommentierungen und Kritiken zu dieser Darstellung (dieser Post von gravyanecdote.com ist ein gutes Beispiel). Auch wenn viele Kritiken nachvollziehbar und gerechtfertigt sind, bleibt diese Visualisierung ein einflussreiches und oft zitiertes Diagramm. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es eine Geschichte mit vielen Details an jedem Datenpunkt erzählt und Neugierde weckt.

Tipps und Fallstricke
Ein mögliches Risiko von Visual Analytics kann sein, sich in den vielen Visualisierungsmöglichkeiten zu verlieren und die Daten auf dem Dashboard durch zu viele Gestaltungselemente zu überfrachten. Visual Analytics kann dann Stärken ausspielen, wenn man sich auf die wesentlichen Aspekte der Daten fokussiert und sich an die zentrale Fragestellung hält, die mit einem Dashboard beantwortet werden soll.
In der Datenanalyse und bei der Erstellung von Dashboards sollten die zugrunde liegende Fragestellung des Dashboards deutlich kommuniziert und kenntlichen gemacht werden. Beispielsweise in der titelgebenden Überschrift des Dashboards. Der Fokus wird so auf das strategische Ziel, das mit der visuellen Analyse erreicht werden soll, gelenkt und die Aufmerksamkeit des Betrachtenden geht nicht verloren.